Aktive Sterbehilfe vermeiden

Orientierungshilfe der Kirchen zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Evangelische und römisch-katholische Kirche in Württemberg haben gemeinsam eine Orientierungshilfe zum Sterbehilfe-Urteil des Bundesverfassungsgerichts herausgegeben. Darin beziehen sie Stellung und wollen Seelsorgerinnen und Seelsorger dabei unterstützen, in ihrer täglichen Arbeit mit dem nun eingeräumten Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben umzugehen.

Das gemeinsame Papier der Kirchen unterstützt Seelsorgerinnen und Seelsorger bei ihrer Arbeit.Sandor Kacso – Fotolia.com

„Wir freuen uns, dass es uns gelungen ist, zum schwierigen Thema der Sterbehilfe diese ökumenische Orientierungshilfe zur Verfügung stellen zu können“, freut sich Domkapitular Monsignore Dr. Heinz Detlef Stäps, Leiter der Hauptabteilung für Glaubensfragen und Ökumene im Bischöflichen Ordinariat der Diözese Rottenburg-Stuttgart. „Die Richter am Bundesverfassungsgericht haben uns mit ihrem Urteil offene Fragen hinterlassen, auf die wir in unserer Orientierungshilfe Antworten geben“, ergänzt Oberkirchenrat Professor Dr. Ulrich Heckel, Leiter des Dezernats Theologie und weltweite Kirche bei der Evangelischen Landeskirche in Württemberg.

Ulrich Heckel ist seit März 2008 Leiter des Dezernats Theologie, Gemeinde und weltweite Kirche.EMH/Gottfried Stoppel

Umgang mit Autonomie und ihre Grenzen

Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst dem Urteil gemäß auch das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben und gewichtet so die Autonomie als Ausdruck der Menschenwürde stärker als den Schutz des Lebens. „Dieser Paradigmenwechsel stellt eine größere Nähe zur aktiven Sterbehilfe her“, erläutert Domkapitular Stäps. Beide Kirchen würden zwar die Absicht des Urteils begrüßen, menschliche Freiheitspotentiale zu stärken, aber dahinter dürfe sich nicht die Verweigerung wirklicher Hilfe verbergen. Deshalb müsse hier konkret festgelegt werden, wie man mit dieser Freiheit umgehe und wo ihre Grenzen seien. Sonst bestehe die massive Gefahr, dass der Paradigmenwechsel in eine „Ökonomisierung des Sterbens“ münde.

Domkapitular Dr. Heinz Detlef Stäps, Leiter der Abteilung Glaubensfragen und Ökumene im Bischöflichen Ordinariat der Diözese Rottenburg-Stuttgart.Diözese Rottenburg-Stuttgart/Rainer Mozer

Sorge um den Menschen stärken

„Uns als Seelsorgern muss es deshalb darum gehen, die Sorge um den Menschen umfassend zu stärken“, sagt Oberkirchenrat Heckel. So sei es auch wichtig, darauf zu achten, dass organisierte Angebote sich nicht zur Norm entwickelten.

Aufgabe der christlichen Kirchen sei es, die Kompetenz der Expertinnen und Experten aus Caritas und Diakonie, aus der Palliativ- und Hospizarbeit einzubringen, sowie diese in ihrer Beratungs- und Bildungsarbeit zu unterstützen. „Wir beobachten zudem einen engen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit des Sterbewunsches und der Qualität der Palliativmedizin – umso besser diese ist, umso geringer ist dieser Wunsch“, sagt Domkapitular Stäps. Deshalb müsse die Palliativmedizin gestärkt und ausgebaut werden. Gemeinsam mit Oberkirchenrat Heckel äußert er die Befürchtung, dass Menschen so einsam seien oder unter einem derart großen wirtschaftlichen Druck stehen könnten, dass sie sich nicht für ein Weiterleben entscheiden könnten. „Diesem Denken stellen sich die evangelische und die katholische Kirche in Württemberg eindeutig entgegen“, erklärt Oberkirchenrat Heckel. „Deshalb müssen wir die Fürsorge fördern, damit der Wunsch nach einem selbstbestimmten Ende des Lebens erst gar nicht entsteht“, ergänzt Domkapitular Stäps.

Das Urteil fordere den Gesetzgeber auf, die Suizidhilfe zu regulieren. „Wir unterstützen hierbei den Weg, der auf finanziellen Gewinn angelegte Angebote zum assistierten Suizid unmöglich macht“, so die Vertreter der beiden Kirchen.

Quelle: Evangelische Landeskirche Württemberg ( https://www.elk-wue.de/index.php?type=13)
Bitte lesen Sie den ganzen Text auf der Originalseite des Feeds – zur Quelle