Die unperfekte Weihnacht

Koch meint…

Noch ist unser Christbaum nur ein Tannenbaum, aber im Wohnzimmer steht er trotzdem schon, wenn auch bislang ungeschmückt. Weil ich diesbezüglich ganz – ja was eigentlich? – wohl Schwabe bin. Der penibel darauf achtet, dass Weihnachten nicht vor Heiligabend beginnt. Zudem hat die ältere meiner beiden Töchter mir unmissverständlich zu verstehen gegeben, das Anbringen der Kerzen und das Aufhängen der Glaskugeln und Sterne sei dieses Jahr ihre Sache. Vor dem späten 23. Dezember hätte sie dafür aber keine Zeit.

Trotzdem hab ich gedacht, besagten Tannenbaum vorsichtshalber schon ein paar Tage früher aufstellen zu sollen, was zugegeben nicht ohne Probleme ging. Die darin bestanden haben, dass der Baum einfach nicht gerade stehen wollte. Ich glaub, wir – die jüngere Tochter und ich – haben fünf Anläufe unternommen: rein in den Ständer, raus aus dem Ständer, rein, raus und so weiter und so fort. Dann war’s endlich so weit, und ich konnte Wasser in den Christbaumständer gießen. Nur: Binnen Sekunden hat sich dieses feinsäuberlich auf dem Fußboden verteilt. Der Ständer war offensichtlich leck und die ganze Arbeit umsonst. Also einen neuen gekauft – möglicherweise war es der zweitletzte in der Stadt – und die Prozedur von vorne begonnen. Jetzt kann Weihnachten kommen.

Ich selber aber bin um eine weihnachtliche Erfahrung reicher. Oder anders ausgedrückt: Ich hab mich bei der ganzen Sache ein bisschen an den Stall von Bethlehem erinnert gefühlt. Schließlich ist auch die erste Weihnacht alles andere als perfekt verlaufen. Ein Futtertrog als Babybett, Ochs und Esel als Geburtshelfer, ein paar dahergelaufene Hirten als erste Gratulanten: Das hätte man sich ja auch anders vorstellen können. Nicht so Gott. Er wollte, dass sein Sohn in Armut zur Welt kommt. Damit nicht zuletzt die, bei denen die Dinge ebenfalls nicht problemlos gehen, seine Nähe besonders spüren. Und daran, also an das Unperfekte der Weihnacht, hat mich das Missgeschick beim Aufstellen unseres Weihnachtsbaums erinnert. Womit selbst dieses kleine Missgeschick noch für etwas gut gewesen ist.

Und damit vor dem Fest und in diesem ausgehenden Jahr genug mit „Koch meint“! Weil es in unserem Leben auch Zeiten geben muss und geben darf, in denen man nichts zu meinen braucht. So eine Zeit ist jetzt. Fröhliche Weihnachten und ein gesegnetes 2012! Danach aber hören, nein, lesen wir uns wieder.

Das meint Koch. Und was meinen Sie?

PS: Das kann ich als Schwabe nicht verschweigen, dass es den neuen, mutmaßlich zweitletzten Christbaumständer in der ganzen Stadt zum halben Preis gegeben hat. Was mich natürlich freut. Zumal er bislang noch nicht leckgeschlagen ist.


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