Nine Eleven

Koch meint…

Es ist mir keine bessere Überschrift eingefallen. Und also habe ich „Nine Eleven“ gewählt. Was ohnehin und nicht zuletzt bei meinen Kindern, die alle drei Deutschamerikaner sind, als englische Abkürzung für den 11. September 2001 und die Terroranschläge von New York und Washington gebräuchlich ist. Zehn Jahre ist das nun her. Trotzdem kann ich mich an das eine oder andere noch gut erinnern. Beispielsweise an den Doppelanruf von Christopher, meinem Sohn. Der hat damals irgendwo in den USA ferngesehen und beim Einschlag des ersten Flugzeugs in das World Trade Center noch an einen Unfall geglaubt. Erst als kurz darauf eine weitere Maschine in den zweiten Turm gerast ist, war ihm klar: Das muss mehr als nur ein schlimmes Unglück sein. Minuten danach ist auch bei uns im Evangelischen Medienhaus alles kopfgestanden.

Viel haben wir über New York und Washington berichtet in jenen Tagen. Vor allem aber ist es uns darum gegangen, in dieser „Zeitenwende“, wie „Nine Eleven“ ganz schnell genannt worden ist, unseren Lesern und Hörern Orientierung und Halt zu geben. Und ihnen, ohne die Schrecken des gerade Geschehenen auszublenden, Mut zuzusprechen. In meinen Manuskripten von damals habe ich beispielsweise diesen schönen Satz hier von Michel Friedman gefunden: „Der Sinn des Lebens besteht darin, das Geschenk, dass es dem Menschen gegeben ist, auf dieser Erde sein zu dürfen, auszupacken.“ Was damit gemeint ist, habe ich selber – vielleicht ist’s noch am gleichen Abend gewesen – erfahren, nämlich beim Blick auf ein Foto bei mir zuhause. Es hängt, glaube ich, immer noch am selben Platz: unsere beiden Töchter mit ihrer Mutter auf der Aussichtsplattform des World Trade Center ungefähr ein Jahr vor dem 11. September. An dem auch wieder Menschen da oben gestanden haben, aber kein Leben mehr auspacken durften.

Und jetzt, das heißt zehn Jahre danach? Ist die Welt trotz Afghanistan und Irak weder besser noch sicherer geworden. Im Gegenteil: Terror und Gewalt sind geblieben – und die Schubladen, in die wir Menschen stecken, auch. Weshalb ich mir erlaube, nochmals und dieses Mal etwas länger aus einem Manuskript von damals zu zitieren:

„Womit lässt man diese Woche nach den Terroranschlägen in den USA am besten ausklingen? Ich tue es mit der Bitte, für die Ereignisse von New York und Washington nicht die Falschen verantwortlich zu machen. Und einfühlsam mit Menschen umzugehen, die in diesen Tagen ebenfalls Angst haben.

Damit sind nicht zuletzt jene Menschen gemeint, die den Islam als Religion haben. Mit einigen von ihnen habe ich in dieser Woche selbst geredet. Dabei sind sie nicht müde geworden, ihre Betroffenheit über die Ereignisse in den USA zum Ausdruck zu bringen. Aber eben auch ihre Angst, als Sündenböcke herhalten zu müssen für die Verbrechen islamistischer Terroristen. Und Ansätze dafür gibt es ja nicht nur in Amerika.

Was tun? Ich halte nichts von falschen Verbrüderungen nach dem Motto: „Wir glauben doch alle an denselben Gott.“ Was ich aber für richtig halte, ist, dass sich alle Friedfertigen auch in unserem Land zusammentun. Das gemeinsame Ziel: über Religionsgrenzen hinweg jeder Art von Menschen verachtender Gewalt zu wehren. Und das geschieht am besten dadurch, dass wir miteinander reden. Denn davon bin ich überzeugt: Wo Menschen nicht mehr miteinander reden, da hat die Gewalt ihre größte Chance. Geben wir ihr diese Chance nicht!“

Zehn Jahre „Nine Eleven“, und die Herausforderung ist geblieben. Und mit ihr das Geschenk, dass es dem Menschen gegeben ist, auf dieser Erde sein zu dürfen. Auspacken aber kann man dieses Geschenk nur ohne Gewalt.

 Das meint Koch. Und was meinen Sie?


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