1. Petrus 4,7-11

Es ist aber nahe gekommen das Ende aller Dinge. So seid nun besonnen und nüchtern zum Gebet. Vor allen Dingen habt untereinander beständige Liebe; denn »die Liebe deckt auch der Sünden Menge«. Seid gastfrei untereinander ohne Murren. Und dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes: wenn jemand predigt, daß er’s rede als Gottes Wort; wenn jemand dient, daß er’s tue aus der Kraft, die Gott gewährt, damit in allen Dingen Gott gepriesen werde durch Jesus Christus. Sein ist die Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

Liebe Gemeinde!

Wer das Ende seines Lebensweges kennt, der wird sein Leben bewußter leben. Wäre es nicht schön, wenn jeder von uns heute schon wüßte, wie es mit ihm selbst und dieser Welt einmal ausgeht? Dann könnte man doch viel beruhigter leben. Vielleicht würde uns dieses Wissen aber auch beunruhigen. Denn die Angst, die uns oft begleitet in unserem Leben, wird ständig genährt durch die Ungewißheit, die wir nicht ertragen können: Was wird morgen sein in meinem Leben? Werde ich noch gesund sein? Werden meine Kinder ihren Weg machen? Werde ich meinen Arbeitsplatz behalten? Wird es endlich Frieden geben und der Krieg ein Ende haben? Wird die Zerstörung der Umwelt einmal aufhören?

In unserem Predigtext ist ganz zu Beginn auch von einem Ende die Rede: Es ist aber nahe gekommen das Ende aller Dinge. Damit ist jedoch nicht ein Endzeitdrama gemeint, nicht ein großes Spektakel, sondern das Wort „Ende“, das hier steht, kann gleichzeitig auch „Ziel“ bedeuten. Dann heißt es: Das Ziel aller Dinge ist nahe herbeigekommen.

Was ist das Ziel aller Dinge? Wohin strebt die ganze Weltgeschichte? Darauf werden verschiedene Antworten gegeben. Für Christen steht als Ziel aller Dinge am Ende der Zeit kein großes Spektakel, sondern eine Person: Jesus Christus.

Er ist es, dem die Zukunft gehört. Er steht für unseren Glauben am Anfang und am Ende dieser Zeit. Wenn Christen vom Ziel der Welt reden, müssen sie von ihrem Herrn reden, der für sie der Anfang und das Ende ist. So kann der Text für uns heißen: Christus ist nahe! Das ändert viel in unserem Leben. Wir wissen, wer am Ende und am Ziel unseres Weges steht: nicht der Tod, nicht das Aus, nicht das „Alles vorbei“, sondern der lebendige Herr, der Gemeinschaft mit uns haben will.

Aus dieser Hoffnung haben die Christen am Ende des 1. Jhdts. nach Christus gelebt, an die der 1. Petrusbrief geschrieben ist. Aus dieser Hoffnung haben Christen aller Zeiten gelebt, bis heute: Christus, das Ziel meines Lebens, ist nahe!

Wer aus dieser Hoffnung heute lebt, für den ändert sich vieles. Er wird nicht mehr die Herrschaft des Todes als endgültig annehmen, sondern wird lernen, dem Leben zu trauen. In einem Leben, in dem der Tod nicht mehr das letzte Wort hat, kann das wahre Leben Einzug halten. Davon redet unser Text. Er beschreibt, wie Menschen leben, die das Ziel ihres Lebens kennen: Jesus Christus. Unser Text nennt drei Kennzeichen eines Christenlebens: Gebet, Liebe und Gastfreundschaft.

So seid nun besonnen und nüchtern zum Gebet. Das bedeutet: Zuerst immer an Gott wenden! Von ihm bekomme ich die Richtung gezeigt für mein Leben, und die nötige Kraft, es durchzuführen und durchzuhalten. Mit dem Gebet beginnt jeder neue Tag, jede neue Woche. Mit dem Gebet zeige ich auch, wem ich am meisten vertraue, wem ich mein Leben und meine Zukunft anvertraue. Martin Luther hat viele Stunden am Tag gebetet und konnte doch fast unendlich viel arbeiten. Das Gebet hat ihm die Kraft dazu gegeben. Heute, in der Hetze unserer Zeit, sind es vielleicht nur ein paar Minuten, ein Stoßgebet. Doch schon das zeigt, welches Ziel ich für diese Welt erwarte: daß ihr Schöpfer selbst sie in seiner Hand hält, jeden Tag; daß er auch am Ende da sein wird. Das erste Kennzeichen ist das Gebet. Es zeigt die Richtung an, die ich gehe.

Danach kommt die Liebe Vor allen Dingen habt untereinander beständige Liebe; denn »die Liebe deckt auch der Sünden Menge« .

Wenn ich an den Zeitungskiosk gehe und die Vielzahl der Zeitungen und Magazine betrachte, gleichen sich die Titelgeschichten meist bis aufs Wort: da wird schonungslos enthüllt, was die Prinzessinnen, Könige und Filmstars dieser Welt in ihren Betten treiben, wer sich mit wem liiert hat und wer welche neuen Fehler begangen hat. Das sind Dinge, die Menschen schon immer interessiert haben: wo ein anderer einen Fehler macht, wo ich über ihn lachen kann, wo er bloßgestellt wird. So soll es unter Christen nicht zugehen, sagt unser Text. Er ruft uns zu: „Ihr Christen, ihr sollt anders leben. Ihr habt doch selbst erfahren, was es heißt, wenn Sünden vergeben werden. So hat es Christus mit euch selbst gehalten! Davon lebt ihr, ob ihr es wißt, oder nicht.“

Was könnte es bedeuten, wenn einer einmal – wie Christus – sagte: „Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie!“ Wenn einer vergeben könnte, wenn eine ganze Gruppe vergeben könnte, ganze Staaten mit dem ständigen Aufrechnen von Ungerechtigkeiten aufhörten. Das zweite Kennzeichen eines Christenlebens ist die Liebe, die so mit der Schuld umgeht, wie wir es von Christus selbst gelernt haben.

Dann wird die Gastfreundschaft genannt: Seid gastfrei untereinander ohne Murren. In manchen Besuchen habe ich erfahren, wie gastfrei viele von ihnen in unserer Gemeinde sind. Das hat mich oft sehr beschämt. Denn meistens schließen wir unser Haus und unser Privatleben vor den Augen anderer Menschen zu. In der heutigen Zeit herrscht oft das Mißtrauen vor dem anderen vor. Was will der von mir? Warum kommt der gerade zu mir? Ich soll ihn auch noch bewirten? Und von ihm bekomme ich gar nichts?

Gastfreundschaft ist mehr als eine nette Geste. Wer mit anderen Haus und Essen teilt, der wird einen Vorgeschmack bekommen auf das, was am Ende steht: auf die Gemeinschaft Gottes mit allen Menschen. Er wird nicht fragen, ob wir würdig sind, an seinem Tisch zu essen. Er hat uns heute schon eingeladen.

Das dritte Kennzeichen ist die Gastfreundschaft. Sie gibt einen Vorgeschmack auf das kommende Festmahl.

Liebe Gemeinde, diese drei Kennzeichen eines Christenlebens nennt unser Text. Da fehlt doch noch was, werden sie sagen! Es gibt doch noch so viele andere Möglichkeiten, zu zeigen, daß ich meine Hoffnung auf den Herrn setze, der das Ziel meines Lebens ist. Es gibt doch noch so viele andere Gaben und Talente, die Menschen einsetzen können.

So lesen wir im Text, wie er alles zusammenfaßt in den einen Satz:

Dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes:

Haushalter sollen wir sein. Wie vorhin im Gleichnis hat jeder von uns eine besondere Gabe, ein besonderes Talent von Gott erhalten, das er einsetzen kann.

Der bekannte Urwaldarzt Albert Schweizer hat zu unserem Bibeltext einmal folgendes gepredigt: „Das sage keiner, daß er nichts zu geben habe … denn hier kommt es nicht auf irdische Güter an, die dir zugefallen sind, sondern auf dich selbst. Du selbst, mit den Gaben, die du erhalten hast, das heißt mit deiner Zeit, mit deinem Herzen, mit deiner Arbeitsenergie, mit deinen besonderen Fähigkeiten, mit Menschen umzugehen, sollst in Anspruch genommen werden.“

Albert Schweizer wußte, wovon er sprach. Er selbst hatte viele Gaben und Talente von Gott erhalten. Er war ein begabter Pfarrer und Prediger, ein hervorragender Musiker und Organist. Doch er hat seinen Platz im Urwald Afrikas, bei den Kranken in Lambarene gefunden. Eine Gabe hat er besonders eingesetzt, die Gabe, ein guter Arzt sein zu können.

Liebe Freunde in Amorbach, die Gemeinde Christi ist ein Haus aus lebendigen Steinen. Jeder Stein darin hat eine eigene Aufgabe, jeder einzelne Stein wird gebraucht. Niemand ist unwichtig, keiner wird weggeschickt. Wenn man einen Stein herausnimmt, fällt das ganze Haus zusammen. Deshalb lautet die Aufgabe, die uns der 1. Petrusbrief stellt: bringt euch mit eueren Fähigkeiten ein, zum Wohle des ganzen Hauses. Nur wenn jeder sich einsetzt für die ganze Gemeinde, dann wird sie überleben können.

Manchmal hört man Menschen reden: Ach, ich hab doch nichts, was ich dazu tun kann. Ich bin doch nicht geeignet, einen Beitrag zu leisten. Ich kann nicht so gut reden wie andere, ich kann nicht so schwer arbeiten wie andere. Nein, ich kann das nicht, da müssen Sie schon einen anderen suchen. Vielleicht braucht es im Leben eines solchen Menschen einmal einen kleinen Anstoß, ein Gespräch, ein Erlebnis, das ihm zeigt, wie und wo er gebraucht wird. Oft fehlt es nur an der Gelegenheit, daß Menschen erkennen können, welche Fähigkeiten sie selbst haben.

Dann ist es gut nachzudenken: Welche Aufgabe kann ich übernehmen? Liegen meine Begabungen im Umgang mit der Sprache? Kann ich andere Menschen trösten, ihnen helfen und zureden? Oder ist meine Gabe eher die der Tat, der praktischen Hilfe?

Die Verkündigung des Wortes Gottes, der Dienst des Pfarrers am Sonntag morgen ist genauso wichtig wie die Arbeit der Vertrauensfrauen oder eines Konfirmanden beim Austragen des Gemeindebriefes. Hier gibt es keine Unterschiede in der Wichtigkeit. Alles gehört zusammen, alles soll die Gemeinde aufbauen.

Unser Text sagt deutlich: Jeder hat von Gott eine oder viele Gaben empfangen, die er einsetzen kann. Das ist kein Befehl, kein Zwang, sondern eine neue Möglichkeit, die uns Christus eröffnet hat.

Liebe Gemeinde, zum Schluß noch eine wichtige Anmerkung. Christen tun ihren Dienst nicht, um sich selbst großzumachen. Christen tun ihren Dienst, damit in allen Dingen Gott gepriesen werde durch Jesus Christus. Sein ist die Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit!

Wir wissen, wer das Ziel unseres Lebens ist und wer am Ende steht. Es ist Jesus Christus, der zu uns gesagt hat: „Fürchtet euch nicht! In der Welt habt ihr Angst, doch siehe, ich habe die Welt überwunden.“ Wer diesen Herrn am Ende seines Lebens weiß, der braucht keine Angst mehr haben. Der kann frei und mit aller seiner Kraft leben und sich über jeden Tag freuen. Amen.

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