Ein starkes Stück Leben

Koch meint…

In diesem Monat feiert die Fußball-Bundesliga ihren 50. Geburtstag. Klar, dass ich dazu gratulieren muss! Wobei für mich persönlich nicht der 24. August 1963, sondern der 5. März 1966 das alles entscheidende sportgeschichtliche Datum war: Da hab ich nämlich zum ersten Mal ein Bundesligaspiel live miterlebt. Ernst hat der Schulfreund geheißen, dessen Vater uns ins Stuttgarter Neckarstadion mitgenommen hat. Auf der Autofahrt dahin ist’s mir speiübel geworden, und auch das Spiel selbst war grottenschlecht: 0:1 hat der VfB gegen Eintracht Braunschweig verloren. Trotzdem bin ich auf den Geschmack gekommen und seither drei-, vierhundert Mal mittendrin statt nur dabei gewesen. Bis auf ein paar Münchner Seitensprünge übrigens immer auf dem Cannstatter Wasen, weshalb ich das halbe Jahrhundert Bundesliga notgedrungen durch die rot-weiße beziehungsweise weiß-rote Brille betrachten muss.

Apropos Neckarstadion: Ein Dach über den Tribünen gab’s damals natürlich noch keins, und wo man jetzt an der Schleyer-Halle vorüberkommt, war anno dazumal eine Kleingartenanlage. Einer der Kleingärtner hat offensichtlich Schnapsflaschen gezüchtet: Der Berg leerer Pullen ist mir bis heute in Erinnerung geblieben. So wie manches Spiel natürlich auch. Zum Beispiel das vom 14. November 1980, als sich der „Kaiser“ zum ersten Mal nach seinem USA-Abstecher wieder in der Bundesliga die Ehre gab. Trotz Franz Beckenbauer hat der Hamburger SV gegen Stuttgart verloren – ein VfB-Sieg zumindest für meine Ewigkeit. So wie das 1:1 gegen den FC Barcelona mit Messi & Co. im Februar 2010. Wobei die Bundesliga mit der Champions League insofern zu tun hat, als man in Ersterer richtig gut sein muss, um in Letzterer überhaupt mitspielen zu dürfen.

Aber auch über große Spiele, die man verpasst hat, lässt es sich trefflich schreiben. So wird Stuttgart am 19. Mai 2007 gegen Energie Cottbus endlich mal wieder deutscher Meister. Koch aber sitzt nicht etwa auf seinem Dauerkartenplatz, sondern muss als Mitglied einer kommunalpolitischen Delegation im amerikanischen Bundesstaat Wisconsin eine Duschen- und Toilettenausstellung besichtigen. Gibt’s eigentlich jemand, dem ich von diesem meinem Midlife-Trauma noch nicht erzählt habe?

In 50, nein, in 47 Jahren Bundesliga drei-, vierhundert Mal mittendrin statt nur dabei heißt aber auch drei-, vierhundert Mal „Pfiff“ am Cannstatter Bahnhof, ebenso viele Schnitzel mit Pommes und ein paar Pils mehr sowie den einen oder anderen guten Stadionfreund. Einer ist vor kurzem gestorben. Unter anderem Susanne und Erich aber sind hoffentlich noch lange mit dabei. Während der frühere Landesbischof Eberhardt Renz ein falscher Fuffziger, sprich ein verkappter Schalke-Fan war. Was wir freilich erst sehr viel später erfahren haben.

Einmal in grauer Vorzeit hab ich übrigens drei Jahre lang kein Spiel verpasst. Dann bin ich krank geworden. Petrus aber hatte ein Einsehen: Er ließ es schneien. Das Match fiel aus.

Zum Gratulieren muss ich leider mit leeren Händen kommen. Weil meine Kirchenleitung in Sachen Stadionkapelle für Stuttgart nach wie vor eine defensive Taktik verfolgt. Vielleicht wird’s ja zum Hundertsten was! Jedenfalls ist Fußball eines in der Tat: „ein starkes Stück Leben“. Wozu ihn kein Geringerer als Wolfgang Huber gemacht und dabei sicher auch das Geburtstagskind im Auge gehabt hat. Und wissen Sie was? Der Bischof i. R. hat recht. Happy Birthday, Fußball-Bundesliga!

Das meint Koch. Und was meinen Sie?

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